Überwinterung

Wie alle Schlangenarten, die aus gemäßigten Klimaten stammen, unterliegen auch die Kornnattern den jahreszeitabhängigen Schwankungen der Umgebungstempera­tur. So sind die Tiere während kühler oder kalter Winter nicht aktiv, und erst mit Ein­setzen des wärmeren Frühlingswetters er­wachen die Nattern aus dem Winterschlaf. Aufgrund des riesigen Verbreitungsgebie­tes dieser Art ist es nicht verwunderlich, dass nicht alle Kornnattern überwintert werden müssen. Nur Schlangen aus Ge­bieten mit langen und kalten Wintern, wie die nördlichen Formen, und alle Tiere aus Hochlagen sollten eine lange und kühle Überwinterungsphase durchlaufen. Die meisten Kornnattern stammen jedoch aus Gebieten mit milden Wintern und brau­chen daher keine drastische Temperaturabsenkung. Oft reicht es aus, wenn die Raumtemperatur während der Wintermo­nate spürbar absinkt und die Beleuchtungsperiode reduziert wird. Wie Freiland­beobachtungen gezeigt haben, legen auch die Kornnattern aus dem Süden der USA während milder Winter keine Winterpause ein.

Bereits im Herbst verzichten viele Korn­nattern, unabhängig von der Temperatur, auf eine weitere Nahrungsaufnahme. In der Natur suchen sie nun ihre Überwinterungsplätze auf. In wärmeren Gegenden sind dies hohle Bäume, verrottete Laub­haufen und in kälteren Gegenden tiefe Erdhöhlen oder Spalten und Löcher im un­teren Wurzelbereich der Bäume. Im Terrarium hat man es da sehr viel einfa­cher. Durch Verkürzung der Beheizungs-

und Beleuchtungsdauer senkt man im Spätherbst die Temperatur. Nach einiger Zeit kann dann auf jegliche Wärmezufuhr verzichtet werden. Dieser Vorgang sollte etwa Ende November beginnen. Während der „kühlen" Zeit liegen die Temperaturen ungefähr bei 12 bis 18°C, so dass die Schlangen keine nennenswerte Aktivität mehr zeigen und die meiste Zeit in ihren Verstecken verbringen. Auf eine weitere Fütterung kann vollständig verzichtet wer­den, da die Kornnattern unter diesen Be­dingungen keinerlei Nahrung zu sich neh­men. Haben die Tiere erst kurz vor dem Einleiten der Winterruhe gefressen, sollte man mit dem Absenken der Temperaturen warten, bis sie ihren Darm vollständig ent­leert haben, was durch lauwarme Bäder begünstigt wird. Keinesfalls dürfen die Tiere zu Beginn der Winterruhe abrupten Temperaturschwankungen ausgeliefert sein. Es ist darauf zu achten, dass die Tem­peraturwerte langsam, etwa über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen, abge­senkt werden. Wichtig ist zudem, dass während der gesamten Ruhephase ausrei­chend frisches Wasser in einer Schale an­geboten wird.

Nach etwa drei Monaten ist die Winterruhe beendet, und die Temperaturen können langsam erhöhl werden. Damit beginnt man etwa Anfang März, so dass gegen Ende Mär?, wieder die normale Haltungstemperatur erreicht ist. Sobald die Tempe­raturen auf über 20°C steigen, zeigen die Schlangen wieder ihre typische Lebhaftig­keit.

Schwieriger gestaltet sich die Überwinterung von Kornnattern aus den winterkal­ten Verbreitungsgebieten. Sind die Tiere in einem Terrarium untergebracht, in dem sich die Temperaturen nicht abkühlen las­sen, so müssen die Nattern aus den Terrari­en heraus getan gen und in einen speziellen Überwinterungsbehälter gesetzt werden. Ideal ist ein größeres Terrarium im Keller oder in einem Nebengebäude, in dem die Temperaturen nicht unter 5°C absinken. In den Überwinterungsbehälter gibt man eine 10 cm hohe, leicht feuchte, nicht zu feine Substratschicht. Niemals darf zum Bei­spiel Torf als Überwinterungssubstrat ge­wählt werden, da dieser staubt und sich in den Lungen festsetzen und Infektionen hervorrufen kann. Auf das Substrat legt man einige Kletteräste und stellt eine Was­serschale mit frischem Wasser dazu. Eine eventuell erforderliche Beleuchtung sollte

nur wenige Stunden eingeschaltet sein, so dass dadurch die Temperaturen nicht er­höht werden. Im Normalfall kann man die nördlichen Kornnatternformen Anfang November „einwintern". In der Regel er­wachen sie, abhängig von den Außentem­peraturen, etwa Ende März. Diese kühle Phase ist eine wichtige Stimu­lans für das Paarungsverhalten (teilweise unerlässlich) und für den Beginn der Nah­rungsaufnahme. Wer Kornnattern nachzüchten will, muss daher immer versuchen, die jahreszeitlich bedingten Schwankun­gen nachzuahmen, um die Tiere so zur Paarung anzuregen. Wichtig ist auch, dass beide Geschlechter möglichst gleichzeitig überwintert werden, da die kühle Periode nicht nur den Auslöser, sondern auch den Synchronisator des Paarungsverhaltens darstellt.